Blaues Licht in der DDR

Blaues Licht im Licht...

Blaues Licht im Licht…

Vor einigen Tagen habe ich mir den wirklich guten Film Das Leben der Anderen (2006) angesehen. Es geht um einen Schriftsteller in der DDR, der von der Stasi überwacht wird. Der Großteil des Films spielt 1984, ein paar Schluss-Szenen zeigen die Hauptfiguren nach der Wende.

Für mich als Wessi der zur Zeit der Wende erst 14 war ist das alles sehr weit weg. Unvorstellbar, was die sich ihrem Volk gegenüber herausgenommen haben. Ich frage mich ob und wenn ja an welchen Stellen das im Film übertrieben oder zumindest komprimiert worden ist — also dass vielleicht Erlebnisse von verschiedenen Bürgern zu einer einzelnen Handlung zusammengefasst wurden.

Aber ich schweife ab.

Mir ist eine Besonderheit an dem Abhör-Equipment aufgefallen das gezeigt wurde: an den Geräten befinden sich blaue Displays. Also nicht nur blaue Lämpchen, sondern offenbar Siebensegmentanzeigen. Ist vermutlich jedem ins Auge gesprungen der den Film gesehen hat, oder? :-)

Das ist mir nicht aus dem Kopf gegangen, da ich weiß dass blaue LEDs erst in den 90ern auf den Markt kamen. Die Trivia in der IMDB betonen dass es sich um originale Ausrüstung der Stasi handelte:

All the listening/recording props used in the film are actual Stasi equipment on loan from museums and collectors.

... und im Dunklen

… und im Dunklen

Auch im Making Of das mit auf der DVD ist wird das gesagt. Hier erfährt man auch, dass die Sachen von einem sehr engagierten Sammler namens Dr. Dutka gestellt wurden. Da mich das wirklich irritiert hatte (ja, ich weiss…) habe ich etwas gesucht und konnte den Requisitenverleih Dr. Dutka ausfindig machen, den ich dann umgehend mit meiner wirklich wichtigen blöden Frage behelligt habe.

Sind das wirklich blaue Leuchtdioden an den Abhoergeraeten, oder sieht das nur so aus? Ich denke die gibt es erst seit den 90ern? Sind die Geraete fuer den Film umgebaut worden, oder ist das eine andere Technik die nur wirkt wie blaue LEDs?

Herr Dutka scheint ein wirklich netter Zeitgenosse zu sein, oder er hatte einfach nur Mitleid mit einem Nerd. Seine Antwort hat mich auf jeden Fall sehr gefreut (er hat mir erlaubt die hier zu veröffentlichen):

Lieber Herr Schaten,

vielen Dank für Ihre mail.
Die blauen Displays waren echt DDR, aber keine LEDs, sondern nur blaue Displays.
Übrigens war die gesamte Abhörtechnik natürlich stark übertrieben – die Stasi hätte es unauffällig gemacht…
Aber der Regisseur wollte es so – aus dramaturgischen Gründen.

Sie können sich gerne meine website ansehen: requisiten-dutka.de

Viele Grüße aus Berlin!

Wolfgang Dutka

Ich vermute also mal dass es sich um VFDs handelt, die könnten je nach Filterscheibe und Beleuchtung blau aussehen. Bei Gelegenheit muss ich mal ein Museum zu dem Thema aufsuchen, bestimmt gibt’s da was in Berlin. Auf jeden Fall kann ich jetzt wieder ruhig schlafen… :-D

8 Kommentare

  1. Nein, hat er nicht. An anderer Stelle habe ich aber gelesen dass einige der Geraete an der Stelle nicht fuer ihren eigentlichen Zweck benutzt wurden. Das Instrument mit den vielen Zeigern, anhand dessen der Schauspieler sehen konnte in welchem Zimmer etwas stattfindet war bspw. einfach nur ein mehrfach-Voltmeter.

  2. Die Geräte hatten ALLE NICHTS mit Abhöranlagen zu tun! Die totale Verarsche!
    Die schön blau leuchtende Geräte sind zwei Präcitronic Universal Pegelmessgeräte und zwei Frequenzprogrammgeber. Sowas verwendet man in der Fernmeldetechnik bei Trägerfrequenzgeschichten, aber sicher nicht zum abhören. Dann steht da noch ein Dienstvermittlungsgerät „DVG 10“. Salopp gesagt ein Telefon mit integrierter Vermittlungstechnik. Das hat auch nichts mit ebhören zu tun. Und so gehts gerade weiter….

    Eine absolute Frechheit, was einem hier vorgegaukelt wird, nur damit es toll aussieht.

  3. Naja, selbst wenn das keine Abhoergeraete sein sollten: es ist ja nur die Rede von Stasi-Geraeten. Kann ja sein dass die auch mal Pegel gemessen haben oder so… ;-)

    Allgemein: ich halte das absolut nicht fuer eine Frechheit. Ich habe mir einen Film angesehen. Noch dazu einen guten. Das waren weder Originalaufnahmen, noch eine Dokumentation. Wenn ich mir Star Trek ansehe gehe ich auch nicht davon aus dass die wirklich im All unterwegs sind… ueber sowas kann ich mich wirklich nicht aufregen. Es sei denn natuerlich, da wuerden blaue Leuchtdioden als 80er-Jahre-Technik verkauft… das geht gar nicht. :-)

  4. Für technische Museen (ja, die gibts) ist es von Nachteil. Denn überall wo diese Messplätze stehen „denkt“ sich der Otto Normalverbraucher nun: Aha, hier wurde also auch abgehört!
    Es soll ja ein geschichtlicher Film sein, dann kann man sich doch an die Fakten halten. Der Regieseur wollte es aber abenteuerlich. Das wertet die Sache in meinen Augen schon ab. Aber wie wir alle wissen: Geschmäcker sind unterschiedlich:-)

    1. Erstmal bezweifele ich, dass ‚Otto Normalverbraucher‘ die Geraete aus dem Film wiedererkennen wuerde. Du offenbar. Ich wahrscheinlich schon nicht. Zumindest nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit. Und das obwohl ich ziemlich genau hingesehen habe. So genau wie das nun mal bei einer DVD geht.

      Und ja: es ist ein geschichtlicher Film. Aber ich schrieb ja schon in meinem urspruenglichen Artikel dass mich interessieren wuerde inwieweit hier mehrere Ereignisse zusammengefasst wurden die urspruenglich mal getrennt voneinander passiert sind. Also mehreren Personen.

      Ich sehe den Film weiter nicht als Dokumentation an, sondern als Kinofilm. Basierend auf Tatsachen, ja. Aber es ist kein Tatsachenbericht. Habe ich zumindest zu keinem Zeitpunkt so verstanden.

  5. Hallo Herr Schaten,
    Diese Art der Anzeige habe ich für das digital anzeigende Präzisions-pH- Messgerät MV 870 des VEB Präcitronic Dresden entwickelt. Die dabei eingesetzten Anzeigen sind 7-Segment luminiszenz-Anzeigeröhren vom Typ IW 6, die von Haus aus grün leuchten und in der damaligen Sowjetunion hergestellt wurden.
    Bei mehreren Anzeigeröhren nebeneinander ist ja das gesamte Innenleben zu erkennnen. Deshalb kam eine Abdeckscheibe zur Anwendung, die dann nach vielen Versuchen auch das Innenleben verschwinden lies.
    Dabei wurde der in Zusammenarbeit mit unserem Chemiker der Effekt ausgenutzt, dass das grüne Licht der Anzeigelampen Spektralfarben aussendet, die man filtern kann. Heraus kam dann durch spektroskopische Analysen, das Blau die besten Filterwirkungen hatte und dabei die größte Lichtausbeute zu erreichen war.
    Diese Anzeigenart wurde dann auch bei Geräten für die Post eingesetzt, die in der Trägerfrequenzmesstechnik eingesetzt wurden – siehe die Geräte die im Film so blau geleuchtet haben.

    Also nichts mit Stasi etc. Ein guter Film lebt u.a. auch von der Illusion.

    MfG

    Helge Norr

    1. Wow, echte Hintergrundinformationen! Vielen Dank dafuer!

      Ja, ein guter Film lebt von der Illusion. Deshalb dachte ich damals auch dass die originalen Geraete zu langweilig geleuchtet haben um die Illusion zu foerdern, und dass deshalb mit ein paar anachronistischen blauen LEDs nachgeholfen wurde. Wie ich gelernt habe war aber die DDR-Technik selbst ausreichend in der Lage futuristisch-blaues Licht zu erzeugen.

      Nochmal: Danke!

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